Tschingis Aitmatov: Dshamilja

 dshamilja
Schneeleopard im Zoo Zürich

Im wirklichen Leben bin ich vor Jahren der Namensgeber für eine gerettete Schneeleopardin geworden. Ich gewann damals von 2500 Einsendungen mit dem Vorschlag, die junge Schneeleopardin “Dshamilja” zu nennen. Sie lebt seit 2001 im Züricher Zoo und hat mittlerweile drei Mal Nachwuchs bekommen. Aitmatov selbst hat ein Buch mit dem Titel “Der Schneeleopard” geschrieben, dass ich aber noch nicht gelesen habe. Er selbst ist im Juni 2008 gestorben. In welcher Verwandlung die fiktive Welt auch immer überlebt, sie findet Eingang in unsere Herzen.

Die schönste Liebesgeschichte der Welt”, wie Louis Aragon 1959 sein Vorwort zu der Erzählung betitelte, die er damals ins Französische übersetzte, ereignet sich im Sommer des Kriegsjahres 1943. Ich habe dieses schmale Bändchen schon vor langer Zeit gelesen und war genauso begeistert wie er. ”Gefährtin derer, die an die Liebe glauben” nennt Aitmatov selbst sein Vorwort von 1987. Das Bild aber, das der Erzähler Said in der Geschichte von Dshamilja und und ihrem Geliebten Danijar gemalt hat, scheint nichts anderes als eine Metapher für das Buch selbst zu sein, das wir gerade gelesen haben. Das vollendete Produkt literarischer Kunst wird selbst Gegenstand seiner Handlung. Eine Folge des Standpunktes des Erzählers. Er extrahiert seine Geschichte aus Erinnerungen. Kunst als Extrakt des Lebens auf einer höheren Ebene. Das schafft eine ewig romantische, aber auch melancholische Sphäre der Vergänglichkeit. Ist Leben wirklich zu extrahieren und was sagt mir die so sublimierte Kunst über den existentiellen Augenblick des Jetzt, mit seiner ständigen Überforderung, sich für nur eine Zukunft entscheiden zu müssen? Heißt das nicht überspitzt: Leben ist nur im Nachhinein mit Sinn zu füllen, erschließt sich erst in dem bereits Gelebten? Im Moment des gelebten Augenblicks schauen wir immer wie in einen blinden Spiegel. Die Hinweise auf die Unvollkommenheit von Said´s Gemälde erscheinen bei der Meisterschaft der kleinen Erzählung wie eine zu bescheidene, untertreibende Selbstschmeichelei. Ist nicht jedes Kunstwerk, auch unabhängig von der Erzählhaltung, vielleicht sogar jede der verschiedenen Künste, nur verdichteter Staub von gestern? Tragen Träume wie vertrocknete Blumen den Staub von gestern in einen bodenlos blühenden Morgen?

Wikipedia – Der Schneeleopard
https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/schneeleopard/